Opernbässe gesucht – und gefunden!

„In der Zeitung habe ich gelesen, dass die Alte Post noch Bass-Stimmen für ´Die drei Rätsel` sucht. Da habe ich mich gemeldet, wurde genommen  – und hier bin ich“, beschreibt Johannes-Heinrich Zils seinen unkomplizierten Weg mitten hinein in die aktuell laufende Neusser Opernproduktion.

Das Kulturforum Alte Post und die Musikschule der Stadt Neuss setzen mit dieser Inszenierung ihre erfolgreiche Zusammenarbeit fort und bringen wieder eine Co-Produktion auf die Bühne, die im September im Globe-Theater an der Rennbahn Premiere haben wird. Wie alle anderen Mitwirkenden erhält der 16jährige Schüler des Quirinus-Gymnasiums kein Honorar für seinen großen Einsatz. Alle Teilnehmer nehmen aus Freude am Projekt teil und genießen den Schauspiel- und Gesangsunterricht, der ihren Erfahrungsschatz während der zahlreichen Proben enorm bereichert. Eine echte „Win-Win-Situation“ also.

Johannes-Heinrich Zils kann heute noch nicht genau absehen, welche Rolle die Musik in seinem beruflichen und/oder privaten Leben künftig spielen wird. Vielleicht wird das Opernprojekt ihm Entscheidungshilfen liefern. Die Arbeit daran ist jedenfalls so angelegt, dass sie allen Beteiligten viel abverlangt – und viel schenkt. Allein bei der Betrachtung der Bass-Stimmen wird deutlich, welche besondere, integrative Kraft hinter dem Projekt steckt:

Direkt neben dem 16jährigen Schüler sitzt der 65jährige Neusser Emidio Raggi und wartet auf den Einsatz, den die Repetitorin und Chorleiterin Iskra Ognyanova gleich geben wird. Sein Blick wechselt vom Klavier zu den Noten auf seinem Schoß hin und her. Noch tasten sich alle an den Stoff heran und schauen auf das Blatt, bald wird das auswendig klappen. Emidio Raggis Stimme ist voluminös und kraftvoll. Er nimmt sich ein wenig zurück, um den anderen genug Raum zu lassen. Takt für Takt, Seite für Seite arbeiten sich die Sänger weiter vor, sie werden immer treffsicherer, pointierter und arbeiten feine Nuancen heraus. Schon als Kleinkind war Emidio Raggi ein begeisterter Sänger. Doch es hat sich nicht ergeben, aus der Leidenschaft eine Profession zu machen. Stattdessen war er u.a. im Vertrieb europaweit für Olivetti und später für Toshiba tätig. Die Musik spielte trotzdem immer eine Rolle – er sang in Rockbands und Chören, nahm private Gesangsstunden und begeistert heute als Schul-Seniorpartner der BüNE (Bürgerstiftung Neuss) Hauptschüler für die Musik. Die Mitwirkung an der Oper bereitet ihm große Freude.

Dritter Bass im Bunde an diesem Probentag ist der 33jährige Ögünç Kardelem. Er hat es tatsächlich geschafft, die Musik zum Beruf zu machen: Der freiberufliche Gesangspädagoge, -lehrer und Sänger hat in Izmir und Köln Operngesang studiert. Seit zehn Jahren lebt er in Köln, er war dort im Opernchor zuletzt beim „Fliegenden Holländer“ zu sehen und zu hören. Im Rhein-Kreis Neuss arbeitet er bei „JeKiSti“ (Jedem Kind seine Stimme) mit. Auch er als Profi hat eine hohe Motivation, bei der Oper „Die drei Rätsel“ mitzuwirken. Er findet es spannend, Teil dieses Experimentes zu sein, das so viele unterschiedliche Leute zusammenbringt. „Genau das macht meinen Beruf aus“, sagt er. Außerdem mag er die zeitgenössische Musik, die Detlev Glanert 2002/2003 komponiert hat. Dieser legte das Werk als Gemeinschaftsarbeit zwischen professionellen und nichtprofessionellen Musikern und Sängern ab acht Jahren an. Nach seinem Wunsch sollen professionelle und didaktische Kräfte an der Realisation mitwirken. Dieser Anforderung entspricht die Neusser Produktion zu hundert Prozent. Wie sie dem Publikum gefällt, wird sich am 22. September um 20 Uhr im Globe-Theater zeigen.